Bromid im Abwasser – Bromatbildung bei der Ozonung

Aqua & Gas N° 10, 2016

Fachbeitrag von F. Soltermann (EAWAG), C. Abegglen (Entsorgung + Recycling Zürich), C. Götz (Envilab), S. Zimmermann-Steffens (BAFU); U. von Gunten (EAWAG, EPFL)

Zusammenfassung

Rhein und Rhone transportieren zusammen jährlich 2500–3500 t Bromid aus der Schweiz ins Ausland. Ein Grossteil dieses Bromids stammt aus der chemischen Industrie, der Sonderabfallindustrie und den KVA. Diese Quellen haben auch einen signifikanten Einfluss auf die Bromidkonzentration in ARA. Zusätzlich können aber auch andere Bromidquellen (z. B. Deponien, Papier- und Stahlindustrie etc.) die Bromidkonzentration in ARA wesentlich beeinflussen, auch wenn sie für die Massenbilanz der Schweiz eine untergeordnete Rolle spielen. Grundsätzlich ist Bromid eine unbedenkliche Substanz und beeinflusst Süsswasserorganismen erst ab einer hohen Konzentration (> 1 mg l-1) negativ.

Viele ARA haben keine spezifische Bromidquelle in ihrem Einzugsgebiet und folglich eine Bromidkonzentration von ≤ 100 μg l-1 im Abwasser. Bei ARA mit Bromidquellen im Einzugsgebiet kann die Bromidkonzentration jedoch stark variieren und deutlich höher liegen (bis zu ~40 mg l-1). Bei einer Ozonung des Abwassers kann Bromid teilweise zu Bromat oxidiert werden. Für spezifische Ozondosen von 0,4–0,6 mg O3 /mg DOC wird ≤ 5% (w/w) des Bromids zu Bromat oxidiert. Folglich wird bei der Anwendung solcher Ozondosen und einer tiefen Bromidkonzentration (≤ 100 μg l-1) im Abwasser nur eine Bromatkonzentration im niedrigen einstelligen μg/l-1-Bereich erwartet. Bei erhöhten Bromidkonzentrationen im Abwasser oder hohen Ozondosen können jedoch erhöhte Bromatkonzentrationen resultieren.

Da Bromat eine persistente, ökotoxikologische und trinkwasserrelevante Substanz ist, muss deren Emission minimiert werden. Bei der Behandlung von kommunalem Abwasser mit Ozon zum Abbau von Spurenstoffen wird praktisch kein Bromat gebildet. Auch in einem Worst-Case-Szenario (alle aufgerüsteten Kläranlagen emittieren 10 μg l-1 Bromat) wird sich die Ozonung von Abwasser nicht negativ auf die Qualität der grossen Oberflächengewässer auswirken, da die berechnete Worst-Case-Konzentration von Bromat in der Rhone und im Rhein (< 0,5 μg l-1) deutlich unter dem «akuten Qualitätskriterium» (AQK) und dem «chronischen Qualitätskriterium» (CQK) für Gewässer (je 50 μg l-1) liegt. Dennoch gilt es, die Bromatbildung in jedem Fall sorgfältig abzuklären und gegebenenfalls auf eine Ozonung zu verzichten.

In der Empfehlung «Abklärungen Verfahrenseignung Ozonung» des VSA wird geraten, die Bromatbildung bei der Abwasserozonung vor der Planung einer Ozonung abzuklären. Die Resultate dieser Studie haben gezeigt, dass die Bromatbildung in einzelnen ARA stark erhöht sein kann. Unter diesen Umständen ist die Elimination von Spurensto en mittels eines aktivkohlebasierten Verfahrens geeigneter. Um die Bromatbildung bei der Ozonung von Abwasser abzuklären, wird ein Vorgehen in mehreren Schritten vorgeschlagen:

1. Schritt:
Abklären, ob potenzielle Bromidquellen im Einzugsgebiet vorhanden sind. Dadurch kann auch die Variation der Bromidfracht und die Möglichkeit einer Elimination von Bromidquellen besser abgeschätzt werden.

2. Schritt:
Aufgrund der Mischung und Verdünnung ist für das Ökosystem und die Trinkwasserressource vor allem die langfristige, durchschnittliche Bromatbelastung entscheidend. Da die Bromidfracht aus bedeutenden Quellen (z. B. chem. Industrie, Sonderabfallind.) zeitlich sehr stark variieren kann, wird eine Messung von Wochenmischproben über einen Zeitraum von 3 bis 6 Monaten empfohlen.

3. Schritt:
Um die Bromatkonzentration im Abwasser durch die Ozonung abzuschätzen, sollte neben der Bromidkonzentration auch die abwasserspezifische Bromatbildung während der Ozonung untersucht wer- den. Dies gibt wichtige Hinweise, wie die Ozonung optimal betrieben werden kann. Es wird empfohlen, mindestens drei Proben des ARA-Ablaufs von verschiedenen Tagen mit mindestens fünf spezifischen Ozondosen (im Bereich ~0,3–~1,5 mg O3 / mg DOC) zu behandeln, um den Knickpunkt und den Anstieg der Bromatbildung zu definieren.

Die Abklärungen in den Schritten 1 bis 3 erlauben es abzuschätzen, ob die Bromatbildung bei der Ozonung von Abwasser in einer spezifischen ARA aktuell ein Problem darstellt. Es muss bedacht werden, dass sich dieses Bild ändern kann, sobald sich neue Betriebe als potenzielle Bromidquellen im Einzugsgebiet ansiedeln. Deshalb sollte Bromid und Bromat im Betrieb mithilfe eines Überwachungskonzepts weiter gemessen werden, auch wenn sich die Anlage in den Vorabklärungen als unbedenklich erwiesen hat.

  • Publikationsjahr:  2016

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